SAP Analytics Cloud Compass: Neuer Wegweiser für Planung und Risikoanalyse
Unternehmen bewegen sich heute in einem dynamischen Umfeld. Unsicherheit gehört zur Tagesordnung. Genau hier setzt der Anfang 2025 veröffentlichte SAC Compass an. Ohne Statistik- oder Programmierkenntnisse sollen User in die Lage versetzt werden, unterschiedliche Zukunftsszenarien auf Knopfdruck zu prüfen. Doch hält der Compass, was er verspricht? Wir haben ihn uns näher angeschaut.
Beim SAP Analytics Cloud Compass handelt es sich um ein integriertes Tool für Monte-Carlo-Simulationen. Er erweitert damit die klassische Planung um einen probabilistischen Ansatz. Anstatt fester Planwerte definieren Anwender:innen unsichere Einflussgrößen (z. B. Absatzmengen, Preise, Kosten) als Wahrscheinlichkeitsverteilungen. Das System variiert diese Parameter tausendfach, berechnet die Ziel-KPI wie Umsatz oder Deckungsbeitrag und zeigt anschließend eine Wahrscheinlichkeitsverteilung statt eines einzelnen Werts. So entsteht ein klareres Bild davon, wie realistisch einzelne Szenarien sind und welche Bandbreiten in der Planung zu erwarten sind.
Wichtig zu wissen ist: Es handelt sich hier nicht um Machine Learning, welche aus historischen Daten Trends und Vorhersagen tätigen kann. Der SAC Compass nutzt benutzerdefinierte Wahrscheinlichkeitsverteilungen basierend auf menschlichem Expert:innenwissen und aktuellen Markteinschätzungen. Der Vorteil dabei: Die volle Kontrolle über Annahmen bleibt beim User. Damit können auch Szenarien durchgespielt werden, die historisch noch nie aufgetreten sind.
Wie funktioniert eine Monte-Carlo-Simulation?
Die zugrundeliegende Monte-Carlo-Simulation ist ein Ansatz, der Unsicherheit aktiv einbezieht und eine belastbare Entscheidungsgrundlage bietet – weit über starre Best-/Worst-Case-Analysen hinaus. Generell läuft diese in vier Phasen ab:
- Verteilungen definieren: Jeder Treiber erhält eine statistische Verteilung (häufig Normalverteilung), die erfasst, wie stark und in welchem Umfang Werte um einen Mittelwert streuen können.
- Zufallsstichproben ziehen: Für jeden Simulationsdurchlauf wählt der Algorithmus per Zufall einen Wert aus jeder Verteilung.
- Wiederholt simulieren: Bei mehreren tausend Läufen entsteht eine Verteilung der Ziel-KPI, die zeigt, wie sich der Ergebnisbereich bei Unsicherheit verhält.
- Analyse & Schwellenwerte: Aus der entstehenden Kurve lassen sich Wahrscheinlichkeiten (z. B. 95% realistischer Bereich) und Extrem-Szenarien (untere/obere 5%) sowie Eintrittswahrscheinlichkeiten für konkrete Ziele (z. B. 90% Chance, Umsatz X zu erreichen) ablesen.
Das kann der SAC Compass wirklich
Der SAC Compass bietet folgende Kernfunktionalitäten:
- Treiberkonfiguration: Variieren Sie Einflussgrößen flexibel mit realistischen Min‑/Max-Werten.
- Histogramm & Wahrscheinlichkeiten: Visualisieren Sie Ergebnisverteilungen übersichtlich und ermitteln Sie Eintrittswahrscheinlichkeiten für definierte Schwellenwerte.
- Integrierte Planung: Nutzen Sie Compass direkt in SAC ohne zusätzliche Lizenz oder externes Werkzeug.
- Versionierung & Kollaboration: Speichern, dokumentieren und teilen Sie Simulationsergebnisse nahtlos im Team.
Bei der praktischen Anwendung des SAC Compass gibt es Unterschiede zu beachten. Je nach Ziel wird eine unterschiedliche Anzahl von Simulationsläufen empfohlen. Wer nach schneller Orientierung für eine Vorschau strebt, für den sollten 1.000 Läufe reichen. Das Ergebnis ist hier in rund 30 Sekunden zu erwarten. Standardanalysen benötigen eher 10.000 Läufe (mit einem Ergebnis in rund 1-2 Minuten). Bei kritischen Entscheidungen empfiehlt sich hingegen eine präzise Risikoanalyse. 100.000 Läufe sind in diesem Fall die Richtzahl.
Auch die Entscheidung zur Auswahl der zugrunde liegenden Verteilung kann bei der Berechnung einen Unterschied machen. Während sich die Normalverteilung eher bei symmetrischen Schwankungen (z.B. bei Rohstoffpreisen) eignet, sollte die Gleichverteilung nur angelegt werden, wenn alle Werte tatsächlich gleich wahrscheinlich sind.
Bei der Anwendung gibt es zudem Stolpersteine zu beachten. So beispielsweise führen zu enge Bandbreiten zu unrealistisch präzisen Ergebnissen. Aktuell werden zudem Korrelationen zwischen Treibern nicht berücksichtigt und es sind nur absolute Werte möglich, jedoch keine prozentualen Schwankungen. Letzteres soll aber in zukünftigen Erweiterungen des SAC Compass umgesetzt werden.
Probe aufs Exempel: Wir simulieren unseren Deckungsbeitrag
Um zu testen, was der Compass wirklich kann und gleichzeitig den Mehrwert des Tools direkt sichtbar zu machen, haben wir ein kleines Beispiel durchgespielt und unseren Deckungsbeitrag simuliert.
Unser Planungsmodell enthält vier Konten: Deckungsbeitrag (DB), Fixe Kosten, Variable Kosten und Menge. Die zentrale Formel lautet:
DB = Menge × Preis - Kosten fix - Kosten var |
Abbildung 1: Auszug aus dem Modell
Damit der SAC Compass korrekt arbeiten kann, mussten einige Voraussetzungen im Modell beachtet werden. Zwingend erforderlich sind klar definierte Hierarchien und Formeln, da das Tool sonst keine logischen Abhängigkeiten zwischen den Werten herstellen kann. Konkret bedeutete dies für uns die Prüfung der Kontentypen, da nur Income- (INC) und Expense-Konten (EXP) als Treiber verwendet werden können. Außerdem ist eine Account-Dimension mit einer entsprechenden Kontenhierarchie notwendig. Eine weitere technische Notwendigkeit ist der Aggregationstyp „SUM“, da andere Typen wie AVG oder MAX zu Laufzeitfehlern führen, weil der Compass additive Berechnungen benötigt. Nachdem das Modell vorbereitet war, definierten wir im nächsten Schritt die Treiber. Dafür legten wir in der Drivers-Ansicht für jedes Konto eine realistische Bandbreite und Verteilung fest, um typische Marktschwankungen und interne Unsicherheiten praxisnah abzubilden:
Treiber | Min-Wert | Max-Wert | Verteilung |
Fixe Kosten | 55.000 € | 60.000 € | Normalverteilung |
Variable Kosten | 35.000 € | 40.000 € |
Normalverteilung |
Menge | 500 Einheiten | 600 Einheiten | Normalverteilung |
Preis | 200 € | 250 € | Normalverteilung |
Im System sieht das wie folgt aus:
Abbildung 2: Treiberkonfiguration
Danach wurde simuliert. Nachdem der Ziel-KPI Deckungsbeitrag für uns einen der zentralen Werte darstellt, strebten wir nach hoher Präzision, was dazu führte, dass wir rund 100.000 Läufe absolvierten. Das Resultat brachte folgendes Ergebnis:
- 90 % realistischer Bereich: ca. 18.900€ bis 38.800€
- Pessimistischer 5 % Bereich: unter 18.900 €
- Optimistischer 5 % Bereich: über 38.700 €
In SAC Compass sieht das wie folgt aus:
Abbildung 3: Ergebnisse der Monte-Carlo-Simulation
Aus diesen Ergebnissen ließen sich für uns konkrete Handlungsempfehlungen ableiten. Für das Risikomanagement bedeutet dies, dass wir Notfallmaßnahmen für den Fall vorbereiten sollten, dass der Deckungsbeitrag unter 18.900 € fällt, was eine Wahrscheinlichkeit von 5 % hat. Für die Budgetplanung zeigt die Schwankungsbreite von ±35 % im realistischen Bereich, dass das Budget entsprechend flexibel gestaltet werden sollte. Als Entscheidungshilfe für neue Projekte bietet die 50-%-Marke bei ca. 28.500 € einen realistischen Erwartungswert für Business Cases.
Bonus für uns: Durch das Speichern als Version in SAC können wir Ergebnisse bequem vergleichen und im Team diskutieren.
Fazit: So gut ist der SAC Compass
Der SAC Compass macht komplexe Simulationstechnologie für Fachanwender:innen zugänglich und integriert sie nahtlos in die SAC-Planung. Mit wenigen Anpassungen in Modell können damit Szenarien durchgespielt und Mehrwert generiert werden. Durch den probabilistischen Ansatz gewinnen Unternehmen eine robuste Entscheidungsgrundlage, mehr Transparenz und deutlich höhere Planungssicherheit. Damit fungiert der Compass – nomen est omen – als verlässlicher Steuerungshelfer in einer Welt, in der Unsicherheit zur Regel geworden ist. Sei es bei der Budgetplanung, Investitionsentscheidung oder bei einer Produktneueinführung – der SAC Compass kann hier eine entscheidende Hilfe leisten.
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